Unser Lokal ist für viele etwas Besonderes. Zweimal wurden hier drin schon Filme gedreht, und ich bekomme auch jetzt immer wieder entsprechende Anfragen. Einmal hat mir ein Filmteam die ganze Einrichtung ausgeräumt, weil die Szene, die gedreht werden sollte, in den vierziger Jahren spielte. Alle Gegenstände, auch die Kaffemaschine und die Kasse, wurden angeschrieben, um sie nach den Dreharbeiten wieder an den richtigen Ort zurück zu stellen. Aber nicht nur vom Raum her, sondern auch wegen unseres Angebotes sind wir etwas Spezielles: wir servieren in unserem <<Fribourger Fonduestübli>> ausschliesslich Fondue. Unser Klassiker ist das <<moitié-moitié>> mit Vacherin und Gruyère. Zu uns kommen viele Heimweh-Fribourger und andre Romands, zum Beispiel junge Leute, die in Zürich einen Stage absolvieren und wieder einmal Fondue essen wollen, wie sie es von Zuhause her kennen. Unser Konzept bewährt sich seit 31 Jahren, seit ich das Lokal hier im Kreis 4 zusammen mit meiner Mutter übernommen habe. Damals war die Spezialisierung im Gastgewerbe noch nicht so ausgeprägt wie heute. Die meisten Restaurants führten eine reisige Speisekarte mit einem breiten Angebot. Unserem Geschäft wurde deshalb von verschiedenen Seiten ein schnelles Ende prophezeit. Zum Glück haben wir nicht auf diese Skeptiker gehört, unser Erfolgt hat uns Recht gegeben.
Das Haus hat ungefähr Baujahr 1920; in den oberen Stockwerken befinden sich Wohnungen. Bevor wir das Lokal übernahmen, war es eine verrauchte Quartierbeiz gewesen. Das Holztäfer an den Wänden war gelb gestrichen, und es gab violette Lampenschirme und Vorhänge, die wir als Erstes ersetzten. Dann liessen wir das Täfer von einem Spezialisten fachgerecht malen und mit einer Maserierung versehen. Die Fenster und die kleinen Butzenscheiben haben wir so belassen, wie sie waren, und auch die Stukkaturen an der Decke entsprechend dem ursprünglichen Zustand. Die alten Stiche an den Wänden zeigen verschiedene Ansichten von Fribourg, der Heimatstadt meiner Eltern; ich habe die Bilder bei meiner Verwandtschaft zusammengesucht. Mir ist wichtig, dass es gemütlich ist. Ich weiss nicht, ob das jetzt vielleicht eigenartig klingt, aber ich habe immer das Gefühl, meine Seele sei in diesem Raum präsent. Mir ist es wohl hier, und ich denke, die Gäste spüren das. Früher gehörte meinen Eltern hier ganz in der Nähe ein anderes Fonduelokal, ich bin also praktisch im Gastgewerbe aufgewachsen. Obschon es eigentlich nicht meine Absicht war, bin ich nach einer kaufmännischen Ausbildung ebenfalls im Gastgewerbe gelandet. Mit dem <<Fonduestübli>> führe ich nun sozusagen eine Familientradition weiter. Weil wir nichts anderes als Fondue servieren ist unser Geschäft unwahrscheinlich stark vom Wetter abhängig. Wir haben von Anfang September bis Ende Mai jeweils an sieben Tagen pro Woche geöffnet. Imm Sommer machen wir drei Monate Ferien. Wenn es im Herbst noch warm ist, kommen zuerst unsere treussten Stammgäste, um eine Fondue zu essen. Aber sobald das Wetter umschlägt, ist das Lokal jeden Abend voll. Mit unseren fünfzig Plätzen sind wir in den Wintermonaten praktisch täglich ausgebucht.
Unser Käse kommt aus Bulle, all 14 Tage bringt uns der Lieferant mit dem Camion eine neue Lieferung. Für das <<moitié-moitié>> verwenden wir drei Reifegrade Vacherin und zwei Reifegrade Gruyère, in einem Fondue befinden sich als fünf verschiedene Sorten Käse, die für jedes bestellte Fondue frisch geschnitten werden. Natürlich, der Käsegeruch ist intensiv, und er bleibt auch in den Kleidern hängen, doch beim Arbeiten merke ich das gar nicht. Wenn ich nach Feierabend allerdings direkt in den Ausgang ginge, wurde ich sicher auffallen.